Windpark-Glossar

Emissionsrechtehandel

Emissionsrechtehandel, der An- und Verkauf von Berechtigungen, umweltschädliche Nebenprodukte der Herstellung bestimmter Güter in die Umwelt einzuleiten. Mit der Einleitung der in der Berechtigung vorgesehenen Schadstoffmenge in die Umwelt geht die Berechtigung unter. Ausgangspunkt des E ist die Klimaschutzkonferenz der Vereinten Nationen in Kyoto (1995 bis 1997), in deren Protokoll von 1997 sich die europäische Delegation zu einer Verminderung der CO2-Emission in den Mitgliedsländern um 8% durchschnittlich gegenüber dem Wert von 1990 verpflichtete (im anschließenden "Lastenausgleich" in den europäischen Ländern kam es dann zu sehr unterschiedlichen Einsparungsverpflichtungen bzw.  Ausweitungserlaubnissen). Im Streit über die Ausgestaltung eines Verfahrens haben sich die Amerikaner mit dem Weg des Handels nach dem Prinzip von "Cap" & "Trade" gegen die Europäer durchgesetzt, die auf rigidere Maßnahmen setzen wollten. Die Europäer setzten die Anforderungen des Kyoto-Protokolls 2005 mit dem Europäischen Emissionshandel (EU-ETS) um. Rechtsgrundlagen des E sind nunmehr die EU-Richtlinie 2008/87 und das durch die nationale Umsetzung dieser Richtlinie entstandene Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) vom 15.07.2004.

Das zu handelnde Gut mußte nicht erfunden werden, es war in Deutschland bereits durch das Bundesimmissionsschutzgesetz von 1974 (BImSchG) geschaffen: der wirtschaftliche Vorteil, dort geforderte Emissionsschutzmaßnahmen nicht durchführen zu müssen. Als Höchstpreis für die Emissionserlaubnis stellt sich damit für jedes betroffene Unternehmen der Investitonsbetrag z. B. für eine Abgasreinigungsanlage zur Erfüllung seiner Verpfllichtungen nach BImSchG oder anderen Vorschriften zur Emissionsvermeidung dar. Liegt der Preis einer Erlaubnis unter dem Investitionsbetrag, lohnt sich der Erwerb der Erlaubnis, liegt er darüber, lohnt sich die Investiton.

Die Funktionsweise des E, dem sich auch die Nicht-EU-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein angeschlossen haben, beschreibt das deutsche Umweltbundesamt wie folgt: "Eine Obergrenze (Cap) legt fest, wieviele Treibhausgasemissionen von den emissionshandelspflichtigen Anlagen insgesamt ausgestoßen werden dürfen. die Mitgliedstaaten geben eine entsprechende Menge an Emissionsberechtigungen an die Anlagen aus - teilweise kostenlos, teilweise über Versteigerungen (eine Berechtigung erlaubt den Ausstoß einer Tonne Kohlendioxyd-Äquivalent). Die Emissionsberechtigungen können auf dem Markt frei gehandelt werden (Trade). Hierdurch bildet sich ein Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen." Für die betroffenen Anlagen haben die Unternehmen nachträglich jährlich Emissionen und dafür vorhandene Berechtigungen nachzuweisen. Fehlende Berechtigungen sind nachzukaufen und lösen eine Strafe von € 100,00 pro Berechtigung aus.

Teilnehmende Anlagen am E sind: der Stromerzeugung dienende thermische Kraftwerke mit einer Nennleistung ab 20 MW, Anlagen der Eisen- und Stahlverhüttung, der Kokereien, Raffinerien und Cracker, der Zement- und Kalkherstellung, der Glas-, Keramik- und Ziegelindustrie, der Papier- und Zelluloseproduktion, der chemischen Industrie, der Nichteisenmetallindustrie, der mineralverarbeitenden Industrie sowie sonstige Verbrennungsanlagen.

Für den E hat sich ein Börsenhandel etabliert (vornehmlich EEX in Leipzig, Strombörse), der den An- und Verkauf der Berechtigungen sowohl auf dem Spotmarkt als auch per Termin abwickelt. Demnach sind die Preise der Berechtigungen öffentlich. Nach einem Tiefpunkt im Jahre 2015 (unter € 5,00 pro Berechtigung) liegt der Berechtigungspreis gegenwärtig (20.11.2017) bei etwa € 7,25 auf dem Spotmarkt und leicht höher auf dem Terminmarkt. Es wird kritisiert, daß dieser Preis kein "Emissionsvermeidungspreis" sei und die "Caps" ebenso wie die Einstiegspreise in die Auktionen zu lax festgesetzt worden seien. Als Gegenargument wird die Wirtschaftsflaute infolge der Finanzkrise und internationale Gutschriften von Emissionsberechtigungen aus CMI-Geschäften und JI-Projekten angeführt.

Derzeit befindet man sich in der Phase III (von insgesamt IV) des Emissionshandels, in welcher eine Verringerung der "Caps" beginnend vom Jahr 2013 in Höhe von 2,04 Mrd. t CO2 um jährlich 1,74% (linear) gesenkt werden soll. Diese Phase läuft von 2013 bis 2020. Für die Phase IV, die von 2021 bis 2030 währen soll, hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für die konkrete Ausgestaltung des Emissionshandles vorgelegt Er sieht eine Erhöhung des jährlichen Reduktionsfaktors auf 2,2% eine Festschreibung des Auktionsanteils und weitere Regelungen zum Schutz der Wettbewerbsfähigkeit vor. Das Europäische Parlament und der Umweltrat haben ihre Positionen dazu bekannt gegeben, so daß die Beratungen der drei Institutionen beginnen konnten.

Den Kritikern reicht diese für Phase IV vorgesehene Mengenbeschränkung der Emissionszertifikate und die damit einhergehende Bepreisung der Rechte im Auktionsverfahren noch nicht aus (s. z. B. Edenhofer/Ockenfels, Der Preis des Kohlenstoffs, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17.11.2017) Sie machen geltend, daß die nach ihrer Auffassung zu niedrigen Preise der Emissionsberechtigungen in den ersten beiden Handelsphasen weniger durch Wirtschaftsflaute und internationale Gutschriften von Emissionsrechten als vielmehr durch die im Handel fehlende Überzeugung verursacht seien, in der Zukunft werde die strikte Reduzierung der Emissionsrechte-Ausgabe wohl nicht sehr ernsthaft betrieben. Dieses fehlende Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Politik habe zu einem Absinken der Preise geführt. Ob man aber den Spotmarkt-Preis für ein Emissionszertifikat so ohne weiteres aus Zukunftserwartungen erklären kann, sei einmal dahingestellt - schließlich existiert ein Terminmarkt, um derartige Zukunftserwartungen in Preise zu gießen.

Gefordert wird nun, auf CO2-Emissionen einen Mindestpreis festzulegen. Technisch ist das für den Teil der Emissionsrechte, der im Auktionsverfahren an die Anlagen vergeben werden, möglich. Wie aber der kostenlos verteilte Teil bei einer nach wie vor bestehenden Handelsbörse nur zu Preisen oberhalb des Mindestpreises handelbar sein soll, wird nicht erläutert. Die Kritiker sehen ihren Vorschlag sogar als marktkonform an. Dabei handelt es sich mit dieser Preisfestsetzung durch eine Behörde um die willkürliche Aufteilung der Gesamtmenge von Nutzern in Grenzanbieter, solche Anbieter, die den Preis bezahlen können und die dritte Gruppe, die weder die Zertifikatspreise noch Immissionsschutzanlagen finanzieren können. Letztendlich würde das zu Branchenauswahl unter den Bewerbern um Emissionsrechte führen, die ja alle nicht die Erzeugung und das In-die-Luft-Lassen von CO2 in die Luft als Geschäftszweck haben, sondern die Herstellung von  Gütern und Leistungen für die deutsche Volkswirtschaft. Im Gegensatz dazu entfaltet die Mengenfixierung der Emissionsrechte mit der Preisbildung über ein Auktionsverfahren eine Allokationswirkung dieses knappen Gutes, die zwar auch nicht völlig wettbewerbsneutral ist, aber in einem wesentlich geringeren Umfang, s. Klimasteuer, unter "Emissionsrechtehandel").

 

(www.das-sanssouci-projekt.org/index.php )