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Erneuerbare Energien

Windbranche ohne Kompaß

Die Reaktionen der Erneuerbare-Energie-Branche auf Veröffentlichungen von Zahlen zur Stromproduktion tragen Züge des Manisch-Depressiven. Begeisterung wechselt mit Zukunftsangst, und die jeweiligen Maßstäbe des Erfolgs oder Mißerfolgs entspringen einem Wirrwarrr von Begriffen und Inhalten:

 

Am 13.12.2018 zeigte sich der Branchenverband BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) begeistert über den Anteil erneuerbarer Energien an der Gesamstromproduktion 38% ("Deutschland hat 2018 einen Rekordwert beim Erneuerbaren-Anteil erzielt. Das ist erfreulich. Allerdings wird das aktuelle Zubautempo nicht ausreichen, um das 65 Prozent-Ziel bis 2030 zu schaffen. Wir brauchen daher zügig Sonderausschreibungen für Wind offshore – hier wird bisher Potenzial verschenkt. Zudem brauchen wir Planungs- und Investitionssicherheit für Wind onshore-Projekte. Umso wichtiger ist, dass die Förderung der Akzeptanz für Windkraftprojekte und des dringend notwendigen Netzausbaus nun ganz oben auf der energiepolitischen Agenda steht", so Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung)und am 02.01.2019 über eine Stromproduktion von fast 15.000 GWh durch Windräder an Land und auf See im Dezember 2018: "Die Windkrafträder an Land und auf See haben im Dezember 14,83 Milliarden Kilowattstunden (Mrd. kWh brutto) Strom erzeugt. Das würde theoretisch ausreichen, um den Stromverbrauch von Berlin oder Schleswig-Holstein zu decken – und zwar für ein ganzes Jahr. Damit könnten alle Verbraucher des jeweiligen Bundeslandes – von den Haushalten über Gewerbe, Handel und Dienstleistungen bis hin zur Industrie und dem Schienenverkehr – mit Strom versorgt werden". In diesem Zusammenhang weist der BDEW nicht etwa darauf hin, daß dieser Jubel völlig illusorisch ist weil dieser Spitzenwert längst nicht die Sommerflaute des Jahres 2018 kompensieren kann, sondern er bedauert nur das Fehlen von Leitungen und Speichermöglichkeiten. Nicht die geringsten Zweifel an der Grundlastfähigkeit werden thematisiert.

 

Der Bundesverband Windenergie (BWE) sieht nicht weniger Grund zur Freude: Am 08.01.2019 bejubelt er einen Anteil der erneuerbaren Energien an der Gesamtstromproduktion von 40% (nach Ermittlungen von Fraunhofer ISE) im Durchschnitt des Jahres 2018. "Die Zahlen des Fraunhofer ISE sind ein Grund um Stolz zu sein. Erstmals haben Wind- und Solarenergie mehr Strom produziert als Braunkohle und Steinkohle zusammen. Die 40 Prozent-Marke ist ein weiterer Meilenstein für die Erneuerbaren. Dieser Rekord beweist eindrucksvoll, dass Versorgungssicherheit und Systemintegration Erneuerbarer Energien durch intelligentes Netzmanagement und durch die komplementären Ergänzungseffekte der Erneuerbaren Energieformen gesichert sind", kommentiert Hermann Albers, Präsident Bundesverband WindEnergie. 

 

Die notwendigen Klärungen zum Thema Maßstab für den Anteil an der Gesamtstromproduktion unternimmt die FAZ (Deutscher Ökostromanteil systematisch überschätzt vom 04.01.2019). 1. "Für die Beurteilung der Versorgungssicherheit sind alle diese auf das Jahr bezogenen - zum Vorjahr steigenden - Durchschnittszahlen schlecht zu gebrauchen. In der Elektrizitätsversorgung kommt es darauf an, daß die Kunden nicht im Durchschnitt, sondern in jeder Minute des Jahres auf eine unterbrechungsfreie Beliederung zählenn können" (Anm.: Diese Information vermögen nur zeitlich entsprechend getaktete Lastganglinien zu liefern.). 2. Fraunhofer ISE lege seinen Berechnungen die Netto-Stromerzeugung zugrunde, während BDEW von der Brutto-Stromerzeugung ausgehe. Der Unterschied liegt in der Strommenge, die ein Stromproduzent für den Betrieb der eigenen Anlage einsetzen muß. Da diese im Bereich der Wärmekraftwerke größer als im Bereich der erneuerbaren Energien ist, bedeute dies eine Günstigerrechnung für den Bereich deer erneuerbaren Energien. Je nach Erfassungsmethoden für den Strom-Eigenverbrauch könne der Anteil der erneuerbaren Energien auch auf 35% sinken. Fraunhofer ISE beziffere im übrigen die von Wärmekraftwerken benötigte Strommenge für den Eigenverbrauch auf etwa 10% der produzierten Gesamtstrommenge. 3. Verzerrungen ergäben sich durch den Export nicht im Inland abgenommener Strommengen. Der Exportüberschuß werde gemäß EU-Regeln allein den konventionellen Kraftwerken zugerechnet, sie prodzuierten also um den Export weniger. Die Regeln des EEG zum Einspeisemanagement bestimmen aber genau das Gegenteil: Bevor überhaupt im Inland Strom nicht abgenommen werden kann, werden konventionelle Kraftwerke abgeschaltet. Strom, der in den Export geht, kann daher nur Ökostrom sein (s. dazu auch Erfolgsmeldungen zur Windkraft).

 

Das sonstige statistische Umfeld legt zumindest Zurückhaltung bei der Akzeptanz dieser Meldungen nahe:  Veröffentlichungen der Internationelen Energie Agentur (iea, world energy statistics) zeigen einen Anteil der erneuerbaren Energien an der Gesamtstromproduktion in Deutschland im Jahr 2016 von 31%. Dieser stieg (auch nach Angaben des BDEW) 2017 auf 33%. Auf dieser Basis betrüge die Steigerung des Anteils im Jahr 2018 21%; das wäre starker Tobak.

 

Hatte der Hauptgeschäftsführer des BDEW seine Freudenbotschaft bereits mit Forderungen nach noch mehr Geld und Sicherheit für seine Branche garniert, so erscheint der BWE am 29.01.2019 völlig neu gewandet im Kostüm der Kassandra: 

"Nach den von der DeutschenWindGuard ermittelten Zahlen, bricht der Brutto-Zubau von Windenergieanlagen an Land im Gesamtjahr 2018 regelrecht ein. Mit lediglich 2.402 Megawatt (MW) bzw. 743 Anlagen fällt der Neubau noch hinter das Niveau von 2013 zurück, obwohl die Nachfrage nach erneuerbarem Strom perspektivisch deutlich zunehmen wird. Der Zubau entspricht einem Rückgang von 55 Prozent im Vergleich zum Gesamtjahr 2017. Er liegt damit deutlich unter der von Bundesverband WindEnergie (BWE) und VDMA Power Systems zur Jahresmitte 2018 geschätzten Zahl von 3.300 MW".  

"Heute ist es wichtiger denn je, schnell den Ausbau der Erneuerbaren Energien hin zum 2030-Ziel zu definieren und die Pfade anzupassen. Das Stop-and-Go muss beendet werden. Der stabil hohe Zubau der Jahre 2013 bis 2017 hat die Klimaschutzziele der Bundesregierung und die Ausbauziele für die Erneuerbaren Energien in den Bundesländern gestützt. Während ein nachhaltig höherer Ausbau der Erneuerbaren Energien - begründet durch die erreichten Kostensenkungen und den nunmehr angekündigten Einstieg in den Verzicht auf die Verstromung von Braun- und Steinkohle - logisch wäre, ergibt sich stattdessen ein massiver Rückgang für die Jahre 2018 und 2019. Hierdurch wird die führende Position der deutschen Windindustrie im internationalen Wettbewerb gefährdet, und die Branche wird vor erhebliche Herausforderungen gestellt. Darüber kann auch nicht hinwegtäuschen, dass Deutschland in Europa der größte Markt für Windenergie an Land bleibt," kommentiert Matthias Zelinger, Geschäftsführer VDMA Power Systems

 

Aus den "Gründen" des Abschwungs ergeben sich die BWE-Forderungen wie von selbst: "Grund für den geringen Zubau ist der hohe Anteil der Zuschläge für Projekte ohne Genehmigung, die die Ausschreibungen in 2017 dominiert haben und bislang nicht realisiert wurden. Darüber hinaus konnten über 900 MW-Übergangsanlagen nicht fristgerecht ans Netz gehen. Dafür gibt es drei wesentliche Ursachen: Eine erteilte Genehmigung schafft inzwischen keine Rechtssicherheit mehr, weil fast jede Genehmigung beklagt wird. Diese Verfahren nehmen immer mehr Zeit in Anspruch und verzögern damit die Umsetzung. Zum anderen gab es Projekte, die unter dem Eindruck der stark degressiven EEG-Vergütung in eine Umgenehmigung gegangen sind, um sich für eine Beteiligung an Ausschreibungen vorzubereiten. Darüber hinaus haben sich Projektträger erst nach dem Stichtag 28.02.2017 entschieden, nach dem Auslaufen der Übergangsfrist am 31.12.2018 doch an Ausschreibungen teilzunehmen".

 

Wie verhielten sich die Produzenten des Windstroms in den vergangenen 7 Ausschreibungen der letzten zwei Jahre? Dazu die folgende Grafik:

 

 

Ausschreibungen Gebote Zuschläge

Abb. 1: Ausgeschriebene Menge, Gebotene Mengen und zugeschlagene Mengen in den Ausschreibungen 2017 und 2018 in MW (nach Daten der Bundesnetzagentur, Zusammenstellung Das SansSouci Projekt)

 

In den vier Ausschreibungen des Jahres 2018 ist das Bieterinteresse ziemlich erlahmt, in der letzten Ausschreibung lag es sogar deutlich unter der aussgeschriebenen Menge. An wem liegt das? Immerhin hatte doch jeder Bieter die Möglichkeit, bis Ende 2018 von der Sondervorschrift des § 46 Abs. 1 und 2 EEG zum anzulegenden Wert von 8,38 €Ct./KWh zu profitieren.

 

Auch der Grund zur Klage bezüglich der Privilegierung der Bürgerenergiegesellschaften im Hinblick auf immissionschutzrechtlilche Genehmigung ihrer Projekte ist nach interventionen der Branche längst beseitigt. 2018 wurde kein Zuschlag mehr an Bieter ohne Vorlage der immissionschutzrechtlichen Genehmigung erteilt. Nachstehende Grafik zeigt die Entwicklung.

 

Zuschläge Bürgerenergiegesellschaften

Abb. 2: Anzahl der Zuschläge an Bürgerenergiegesellschaften nach Rechtsformen (nach Daten der Bundesnetzagentur, die keine Zuschlagsmengen für die Bewerber veröffentlicht, Zusammenstellung Das SansSouci Projekt) 

 

Weitere Ausführungen dazu finden Sie hier

Fragt man sich, wer das ist, der hier (sich selbst auf die Schulter klopfend) so klagt und unverhohlen Forderungen stellt? Es sind die Lobbyisten der "Unternehmer" die weder Einkaufsentscheidungen zu treffen haben, noch im Preis- oder Mengenwettbewerb stehen, noch Bonitätsrisiken ihrer Kundschaft fürchten müssen; ihre Konkurrenten mit nicht-regenrativem Rohstoffeinsatz dürfen mit ihrem Angebot nicht mehr auftreten. Sie vertreten subventionsjagende Vollzieher eines fehlgeleiteten politischen Willens ohne Bedarf einer besonderen unernehmerischen Qualifikation aber mit dem Verhalten verzogener Kinder.