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Erneuerbare Energien

Bundesrechnungshof zur Energiewende

 

 

 

Inhalt

 

Übereinstimmung der Maßstäbe der Zielformulierung und des Handlungserfolgs

Verringerung der CO2-Emissionen

 

Zielwirrwarr und Kontrolle der Zielerreichung

 

Das von der Bundesregierung formulierte Zielbündel kann nicht zu rational abgleiteten Handlungen führen

 

 

Der Bundesrechnungshof ist eine oberste Bundesbehörde, deren Aufgaben und Stellung Art. 114 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) beschreibt. "Der Bundesrechnungshof, dessen Mitglieder richterliche Unabhängigkeit besitzen, prüft die Rechnung sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes. Zum Zweck der Prüfung nach Satz 1 kann der Bundesrechnungshof auch bei Stellen außerhalb der Bundesverwaltung Erhebungen vornehmen; dies gilt auch in den Fällen, in denen der Bund den Ländern zweckgebundene Finanzierungsmittel zur Erfüllung von Länderaufgaben zuweist. Er hat außer der Bundesregierung unmittelbar dem Bundestage und dem Bundesrate jährlich zu berichten." Näheres ist im Gesetz über den Bundesrechnungshof (BRHG) geregelt. Als oberste Bundesbehörde die nur dem Gesetz unterworfen ist, arbeitet sie weisungsungebunden und ist in der Wahl ihrer Prüfungsgegenstände frei.

In seinem jüngsten Sonder-Prüfbericht über die Umsetzung der Energiewende fällt er vernichtende Urteile  insbesondere über das Bundeswirtschaftsministerium wegen gravierender Zielverfehlungen bei viel zu hohen Ausgaben für Personal- und Sachmittel, mangelnder Koordination sowie fehlender Erfolgskriterien und Erfolgskontrolle (https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/sonderberichte/energiewende vom 30.08.2018, veröffentlicht am 28.09.2018). Es bleibt Alles indessen reine Spiegelfechterei, denn in der Forderung oder gar Durchsetzung von Maßnahmen zur Beseitigung der festgestellten Mängel offenbart der Bundesrechnungshof die gleiche Hilflosigkeit wie das Bundeswirtschaftsministerium in der Formulierung eines operablen Ziels und in dessen Erfolgskontrolle. Im folgenden wollen wir die Ursachen dafür herausarbeiten.

 

 

 

Übereinstimmung der Maßstäbe der Zielformulierung und des Handlungserfolgs

 

 

 

Verringerung der CO2-Emissionen

 

"Das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 um 40% (gegenüber dem Wert von 1990) zu reduzieren, scheint ... nicht mehr erreichbar zu sein" (S. 8 des Berichts). Daß damit auch die Zielvorgaben für die späteren Jahre aller Voraussicht nach verfehlt werden dürften, dürfte von Deutschlands Konkurrenten CO2-Schönheitswettbewerb als äußerst blamabel empfunden werden. Wie der Bundesrechnungshof ausführt (S. 38), geht das Bundeswirtschaftsministerium auf diesen Vorwurf in seiner Stellungnahme nicht ein.

 

Denjenigen, denen die Verfolgung von Zielen aufgegeben ist, kann die Aufgabe nur bei operabel formulierten Zielen gelingen, und der Kritiker kann Zielverfehlung nur konstatieren, wenn er mit den Maßstäben der Aufgabenerfüllung übereinstimmende Maßstäbe zur Verfügung hat. Dies sezt voraus, daß das vorgegebene Ziel einen Maßstab zum Gegenstand hat, in dem sich auch die Auswirkung einer zur Zielrealisierung ergriffenen Handlung definiert. Was aber tut die Bundesregierung?

 

Sie definiert die Handlungsmöglichkeiten der heute gern so genannten Akteure und Aktricen über auf die Nennleistung von Anlagen der erneuerbaren Energien bezogene Ausbauziele im EEG, jedenfalls, soweit die Stromproduktion in Deutschland betroffen ist. Es wird fleißig und mit Inbrunst daran gearbeitet, diese Ausbauziele zu realisieren, indessen hat man das auch in der Vergangenheit schon weidlich getan und gleichwohl keinen Erfolg bei der CO2-Reduktion erzielt (s. Deutsche Energiepolitik ...). Hier wird gegen das Erfordernis der Gleichnamigkeit von Ziel-Maßstab und Handlungsmöglichkeit-Maßstab verstoßen, und die Strafe folgt auf dem Fuß. Es gibt zwar die politisch erwünschte Produktionsform von Strom über den Einsatz erneuerbarer Energien, die durch den weiteren Ausbau an installierter Leistung gefördert werden soll, jedoch ist ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Zubau und der Netzeinspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien nicht belegbar (s. Erfolgsmeldungen zur Windkraft).

 

Die Handlungsmöglichkeiten wären daher unmittelbar auf ein Einspeisungsmanagement zugunsten Stroms aus emissionsfreien Produktionen und zulasten von emittierenden Stromproduzenten zu richten. Wäre dies möglich, wäre ein annähernd direkter Zusammenhang zwischen dem Ziel-Maßstab und dem Handlungsmöglichkeiten-Maßstab erreicht. Nur leider würde der Versuch unter den obwaltenden Umständen scheitern, aus zwei Gründen: Strom aus erneuerbaren Energien ist weit davon entfernt, grundlastfähig zu sein und wird den Zustand der Grundlastfähigkeit auch niemals erreichen, und, es ist der europäische Emissionsrechtehandel, der das Ausmaß der CO2-Emissionen in Deutschland bestimmt und nicht ein neues Windrad im Hunsrück.

 

Dieser Problemkranz bestimmt in derselben Weise den Wert der Kritik des Bundesrechnungshofes: In keiner Hinsicht kann sie einen Ausweg zeigen oder Lösungsvorschlag unterbreiten. Etwas hilflos formuliert die Behörde auf S. 3: "Der Bundesrechnungshof fordert, daß ... das BMWi prüft, inwieweit es effektive Steuerungsmechanismen, wie insbesondere die CO2-Bepreisung als weiteres Instrument zur Umsetzung der Energiewende nutzen kann".

 

Man erinnere: Das deutsche CO2-Vermeidungsziel ist Ergebnis weltweiter UN-Klimakonferenzen mit einem erheblichen good-will-Zuschlag der Deutschen Bundesregierung, gegenwärtig wird auf europäischer Ebene über die Weiterentwicklung des europäischen Emissionsrechtehandels nachgedacht und Deutschlands Anteil an der weltweiten durch Stromproduktion verursachten  CO2-Emission entspricht etwa 0,5%. Da empfielt der Bundesrechnungshof, auch noch ein unbedeutendes Fleißkärtchen anzustreben.

 

 

Zielwirrwarr und Kontrolle der Ziellerreichung

 

Zum Eingang in diese Überlegungen zitieren wir Ausgewähltes aus den Ausführungen des Bundesrechnungshofes, S. 23 (einsehbar unter obigem link im 2. Absatz): "Nach dem Literatur- und Quellenverzeichnis des aktuellen Monitoring-Berichts nutzte das BMWi 48 unterschiedliche Quellen, um anhand von 72 Indikatoren den Stand der Energiewende zu überprüfen und darzustellen. Aus dem Monitoring-Bericht war nicht erkennbar, in welchem Verhältnis die Ziele der Bundesregierung, die Indikatoren und die 190 Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende stehen". Bei aller Zurückhaltung, deren sich der Bundesrechnungshof angesichts seiner verfassungsmäßigen Aufgabe befleißigen muß, vernichtender kann ein Urteil über Inhalt und Methode der Energiewende nicht ausfallen. Entsprechend dürftig fällt die Gegenrede des Bundeswirtschaftsministeriums aus, die der Bundesrechnungshof wie folgt zusammenfaßt: "Der Monitoring-Bericht bewerte die Entwicklung der Ziele nicht nicht anhand eines einzelnen Indikators, sondern mit verschiedenen Indikatoren, die in der Zusammenschau ein angemessenes Bild der Zielerreichung geben". Damit wird lediglich die Feststellung des Bundesrechnungshofs wiederholt.

 

Um welche Thematik die Auseinandersetzung geführt wird, zeigt folgende Tabelle; die das Ergebnis der Analyse des jüngsten (sechsten) Monitoring-Berichts für das Jahr 2016 durch die Expertenkommission zum Monitoring-Prozeß "Energie der Zukunft" darstellt. Aufgeführt werden nur die Indikatoren, die als "Leitindikatoren" bzw "Oberziele" bezeichnet werden.

 

 

 

 Monitoring Bericht2

 Tabelle 1: Verwirklichung der Energiewendeziele in Deutschland im Jahr 2016

 

 

 

Diese Tabelle ist offenbar entstanden aus den vom Bundeswirtschaftsministerium im Monitoring-Bericht gelieferten Daten und Einschätzungen zu 72 Leitindikatioren, Indikatoren Unter- und Nebenindikatoren und wer weiß was noch. Sie gibt die Einschätzung der Expertenkommission wieder, daß "Deutschland seine Energiewendeziele überwiegend verfehlen wird, bzw. nicht sichergestellt ist, daß es diese wird erreichen können" (S. 10 des Prüfberichts, der hier die Stellungnahme der Expertenkommission zitiert). Angesichts des Umstands, daß der Bundesrechnungshof bisher vergeblich die Vorlage näher ausgestalteter oder gar quantifizierbarer Ziele für Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit der Energiewende gefordert hat und das Ministerium diese Arbeiten für nicht erforderlich hält und angesichts der Tatsache, daß - wie oben gezeigt - Ziele und Handlungsmöglichkeiten zu Ihrer Erreichung nicht gleichnamig gemacht sind, beschreibt die Feststellung zwar den desolaten Zustand der deutschen Energiepolitik, bewegt sich aber doch immer noch nur am Rande des Problems:

 

Schon die gezeigte Auswahl der Ziele kommt in loser Schüttung daher. Zwar gibt es Leitindikatoren, Oberziele und solche Indikatoren die sogar beides sind, aber was sind Dimensionen im Unterschied zu Indikatoren und warum bilden sie keine Ziele ab? Gibt es irgendeine Rangfolge, wie werden Zielkonflikte gelöst usw.?

 

Wir sehen, daß das Klimaschutzziel zu scheitern droht, während der Kernenergieausstieg "erfolgreich" betrieben wird: Heben Bonus und Malus im Endurteil einander auf?

 

Wer mit vielen Zielen hantiert, muß eine Rangfolge unter ihnen schaffen und entscheiden, wieviel man an Einbußen bei einem Ziel in Kauf zu nehmen bereit ist, um die Erfüllung eines anderen Zieles in bestimmtem Umfang zu fördern. Oder befördert die Verwirklichung eines Zieles vielleicht auch die Verwirklichung eines anderen - sind die Ziele überschneidungsfrei definiert? Ein Dieselauto mit seiner Ambivalenz im Hinblick auf den Ausstoß von CO2 (wenig) einerseits und Stickoxiden (viel) andererseits macht das Bewertungsdilemma augenfällig.

 

In praxi: Das Ziel "Versorgungssicherheit" erscheint erst an fünfter Stelle der Aufstellung, hoffentlich ist damit nicht eine gewünschte Rangfolge unterstellt. Als Leitindikator für dieses Ziel wird hier nur der Ausbau der Übertragungsnetze genannt. Zur Verdeutlichung des Problems ist aber unabdingbar, das Verhältnis vom Ziel Versorgungssicherheit z. B. zu den Zielen Kernenergieausstieg und Erneuerbare Energien zu klären. Selbst wenn alle Leitungen verlegt sein sollten, hätten die Erneuerbaren Energien immer noch nicht den Charakter von grundlastfähigen Stromressourcen angenommen. Der Bundeswirtschaftsminister hätte daher dringend über einen nicht zu knappen unantastbaren Grundstock an konventionellen Kraftwerken und Kernkraftwerken zu entscheiden oder mindestens jetzt schon über Verträge mit Frankreich und Polen z. B. über die Lieferung von Strom aus Kernkraftwerken bzw. Kohlekraftwerken zu verhandeln. Wen allerdings nur Ausbauziele bewegen, verliert den Blick für das Benötigte.

 

Die Kritik des Bundesrechnungshofes kommt rechenhaft daher, ist aber völlig gerechtfertigt, wo sie auf mangelhafte Beschreibung der Einzelziele (fehlende Operabilität), unzureichende Koordination der Tätigkeiten, wirkungsloses Controlling und völlig fehlendes Bewußtsein für die Kosten des Ganzes zielt.

 

 

Das von der Bundesregierung formulierte Zielbündel kann nicht zu rational abgeleiteten Handlungen führen

 

 

Aber das gesamte Zielbündel ist der Ableitung rationaler Handlungsmöglichkeiten nicht zugänglich weil es durch eine Komponente im Range eines "Leitindikators bzw. Oberziels" belastet ist, die rein ideologisch motiviert ist, der Ausstieg aus der Kernenergie. Dabei genügt die Kernenergie in fast idealer Weise den Anforderungen an Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit, die der Bundesrechnungshof so dringend anmahnt. Aber Handlungsmöglichkeiten, die das CO2-Ziel befördern würden, dürfen nicht ergriffen werden, wenn sie den Erhalt von Kernkraft bedingten - welch eine unsinnige Verquickung! Das wäre u. U. noch tragbar, wenn die die postitiven Eigenschaften dieses Handlungsparameters, nämlich emissionsfrei und in Grundlastfähigkeit Strom zu produzieren, durch eine negative Bewertungskomponente für damit verbundene Risiken einherginge. So gilt das Einzelziel Kernenergieausstieg als verwirklicht, wenn alle Kernkraftwerke abgeschaltet sind - dem Einzelziel CO2-Redzierung ist man damit jedoch kein Füßchenbreit näher gekommen. Ein derart inoperables Zielbündel für die Energiepolitik eines Industriestandorts zu formulieren, ist nicht nur intellektuelle Schlamperei - sie ist gefährlich.

 

Ist das Zielbündel nicht operabel formuliert, kann der Handelnde keine mit Vernunftgründen abgeleiteten Maßnahmen ergreifen, und dem Kritiker sind die Maßstäbe genommen. So kann sich das Spiel der Vorlage von Prüfungsberichten und die mit fast schon pathologisch zu nennender Arroganz betriebene amtliche Zurückweisung der Kritik (s. z. B. https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/S-T/stellungnahmen-des-bmwi-zum-bericht-des-bundesrechnungshofs.html) regelmäßig wiederholen, möglicherweise mit abnehmendem Unterhaltungswert. Der für den vom Bundsrechnungshof so heftig kritisierten Monitoring-Bericht verantwortliche Minister war Sigmar Gabriel; daß der die für diesen Job notwendige Dickfelligkeit besaß, bestätigt seine von uns so geschätzte Einlassung hier, am Ende des Beitrags. Als Sohn der Heimat Wilhelm Buschs möge er aber auch dessen Maxime "Nur was wir glauben, wissen wir gewiß" verinnerlicht haben -  das machte ihn fast für einen seiner Kritiker wieder sympathisch, wenngleich auch der Überprüfbarkeit entzogen.

 

Was folgern wir daraus? Wo die Zielformulierungen rational abgeleitete Handlungen nicht zulassen, sind nur irrationale Entscheidungen zu erwarten.

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